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Bahnbrechende neue Methode, um Potenzial von Cellulose-Nanofibrillen zur Herstellung von Supermaterialien voll auszuschöpfen

05.11.2021

Elementare Cellulose-Nanofibrillen gehören zu den stärksten bekannten Polymermaterialien. BOKU-Wissenschafter*innen haben gemeinsam mit einem internationalen Forscherteam nun einen reversiblen und nachhaltigen chemischen Prozess entwickelt, der die Stärke der Fibrillen nicht beeinträchtigt.

Pflanzliche Cellulose besteht aus einer komplexen Struktur basierend auf einzelnen Cellulose-Nanofibrillen – die kleinste Struktureinheit, der Holz seine Stärke und Stabilität verdankt. Diese Fibrillen sind mit einem Durchmesser von wenigen Nanometern extrem dünn, gehören aber trotzdem zu den stärksten bekannten Materialien. Bislang war die Isolation dieser Nanofasern immer mit einem irreversiblen chemischen Prozess verbunden, der die chemische Oberfläche der Fasern verändert. Das bedeutete eine Einschränkung bei der Entwicklung potenzieller Supermaterialien, da dadurch Wechselwirkungen zwischen einzelnen Nanofasern, etwa in einem Film oder einem Seil, limitiert sind.

Reversible Oberflächenveränderung

Am Institut für Chemie nachwachsender Rohstoffe der Universität für Bodenkultur Wien wurde in Kooperation mit Forscher*innen u. a. der University of British Columbia (Kanada), Aalto University und University of Helsinki (Finnland) sowie der University of Melbourne (Australien) nun eine bahnbrechende neue Methode entwickelt, bei der Cellulosefibrillen isoliert werden und anschließend die dafür notwendige chemische Oberflächenmodifikation durch eine Nachbehandlung wieder rückgängig gemacht werden kann. „Man kann es sich vorstellen wie Legosteine“, erläutert Marco Beaumont den Prozess. „Wir verändern die Oberfläche und die Steine fallen auseinander und lassen sich danach nicht mehr richtig zusammenstecken – mit der von uns entwickelten Methode können wir im Anschluss den ursprünglichen Zustand wieder so herstellen, dass die Verbindungstücke wieder perfekt passen“.

Nachhaltige Methode

Im konkreten Fall bedeutet es, dass Holzfasern mit N-Succinylimidazol chemisch behandelt werden. Damit werden Oberflächenladungen eingeführt, um die einzelnen Cellulosefibrillen isolieren zu können. „Unsere Methode ist besonders mild und nachhaltig“ erklärt Thomas Rosenau. „Bisher war es immer notwendig, Cellulosefibrillen irreversibel chemisch zu verändern, was auch einen chemischen Abbau der Cellulose zur Folge hatte.“ Die eingeführten Carboxylgruppen auf den Cellulose-Nanofibrillen können durch eine milde Nachbehandlung wieder entfernt werden. Dadurch werden die ursprünglichen chemischen und strukturellen Schnittstellen von Cellulosefibrillen wieder rekonstruiert, die zur Entwicklung von Supermaterialien erforderlich sind. Das Team des Instituts für Chemie nachwachsender Rohstoffe hat mit seiner Forschung in enger internationaler Kooperation einen neuen Weg eröffnet, bei dem das volle Potenzial von Cellulose als nachhaltigem Baustein erschlossen werden kann.

Die Ergebnisse wurden soeben im renommierten Journal of the American Chemical Society (JACS) publiziert, wo sie zusätzlich auch auf dem Cover der Oktoberausgabe erschienen sind.

https://pubs.acs.org/doi/abs/10.1021/jacs.1c06502

Cover:

https://pubs.acs.org/pb-assets/images/_journalCovers/jacsat/jacsat_v143i041-2.jpg?0.9839825722524145

Kontakt:

Dr. Marco Beaumont
Institut für Chemie nachwachsender Rohstoffe
Universität für Bodenkultur Wien

+43 1 47654 77436

Prof. Dr. Thomas Rosenau
Institut für Chemie nachwachsender Rohstoffe
Universität für Bodenkultur Wien

+43 1 47654 77411