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Bauchfelldialyse: Neue Behandlungsoption gegen Infektionen

05.07.2023

Entzündungen des Bauchfells (Peritonitis) sind ebenso häufige wie gefürchtete Komplikationen bei der Bauchfelldialyse (Peritonealdialyse), einer Form der Nierenersatztherapie für die selbstständige Anwendung zu Hause. Die für die lebensbedrohlichen Infektionen verantwortlichen Bakterien zeigen sich zunehmend gegen viele Antibiotika resistent. Einem Forschungsteam rund um Markus Zeitlinger, Leiter der Universitätsklinik für Klinische Pharmakologie der MedUni Wien, ist es nun im Rahmen einer Studie gelungen, eine neue medikamentöse Behandlungsoption zu identifizieren. Die Forschungsarbeit wurde aktuell im Fachjournal „Clinical Microbiology and Infection“ publiziert.

Um zu ihrem Ergebnis zu gelangen, analysierten die Forscher:innen Blutproben und Dialyseflüssigkeit von Patient:innen mit Bauchfelldialyse und wandten darüber hinaus computergestützte Simulationsmodelle an. Dabei stellte sich heraus, dass eine vergleichsweise niedrige Dosierung der Wirkstoffkombination aus Ceftazidim und Avibactam ausreicht, um Bauchfellentzündung zu behandeln. Diese Substanzen zählen zur Gruppe der Antibiotika, die insbesondere bei bestimmten (gramnegativen) multiresistenten Erregern, wie sie auch bei der Peritonitis nachgewiesen werden, zum Einsatz kommen. „In unserer Studie konnten wir zeigen, dass die Kombination dieser Wirkstoffe in einer Dosis von 760 bzw. 190 mg zur Behandlung der Peritonitis ausreicht“, sagt Erstautor Valentin al Jalali von der Universitätsklinik für Klinische Pharmakologie der MedUni Wien. Die richtige, möglichst niedrige Dosierung ist gerade bei Dialysepatient:innen von zentraler Bedeutung, um eine Anreicherung der Substanzen und damit verbundene Nebenwirkungen zu vermeiden.

Im Laufe der Nierenersatztherapie mittels Peritonealdialyse (PD) erleiden etwa 30 Prozent der Patient:innen eine Peritonitis. Hervorgerufen wird die Infektion durch Bakterien, die über den Dialysekatheter in die Bauchhöhle gelangen können. Bauchfellentzündungen können den Ausschluss von dieser Art der Dialyse bedeuten und unbehandelt lebensbedrohlich werden. Darum werden Patient:innen angewiesen, auf Warnsignale wie Schmerzen, Übelkeit und Erbrechen, Trübung der Dialyseflüssigkeit oder Fieber zu achten.

Schwachpunkt seit 50 Jahren

Im Gegensatz zur klassischen Hämodialyse wird bei der PD die Membran des Bauchfells verwendet, um Stoffwechselprodukte aus dem Blut zu filtern. Der Vorteil gegenüber der Hämodialyse ist die Möglichkeit der selbstständigen Anwendung in den eigenen vier Wänden, was die Patient:innen als deutliche Steigerung ihrer Lebensqualität empfinden. Als Schwachpunkt der PD gilt auch beinahe 50 Jahre nach Einführung der Methode die Gefahr von Infektionen. „Die Ergebnisse unserer Studie könnten einen Beitrag leisten, die Peritonitis auch bei Patient:innen mit schwer zu behandelnden Keimen in den Griff zu bekommen“, sagt Studienleiter Markus Zeitlinger, Leiter der Universitätsklinik für Klinische Pharmakologie der MedUni Wien.

Untermauert wird die hohe Relevanz der Forschungen durch aktuelle Entwicklungen: Mit der steigenden Zahl an Patient:innen mit chronischer Nierenerkrankung oder Verlust der Nierenfunktion weltweit (5-8 % pro Jahr) benötigen immer mehr Patient:innen eine Nierenersatztherapie. Von Verlust der Nierenfunktion sind rund drei Millionen Menschen betroffen. Dieser Trend ist zum Teil auf das zunehmende Vorkommen von Bluthochdruck und Diabetes zurückzuführen, sogenannte Zivilisationskrankheiten, die die Nieren schwer schädigen können.

Publikation: Clinical Microbiology and Infection

Plasma and intraperitoneal pharmacokinetics of ceftazidime/avibactam in peritoneal dialysis patients
al Jalali, Valentin; Matzneller, Peter; Pham, Anh; van Os, Wisse; Wölfl-Duchek, Michael; Sanz Codina, Maria; Vychytil, Andreas; Reiter, Birgit; Stimpfl, Thomas; Zeitlinger, Markus
https://doi.org/10.1016/j.cmi.2023.06.002

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