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BOKU eröffnet neues Christian Doppler Labor für Wissensbasierte Produktion von Gentherapievektoren

07.03.2024

Team rund um Priv.Doz.in Dr.in Astrid Dürauer forscht am Institut für Bioverfahrenstechnik zu effizienterer Prozessentwicklung und Produktion zur Verbesserung der Qualität und Senkung der Kosten von Gentherapien

Am 7. März wurde am BOKU-Standort Muthgasse im Beisein von Univ.Prof. DI Dr. Dr.h.c.mult. Martin Gerzabek, Präsident der Christian Doppler Forschungsgesellschaft, sowie dem Vizerektor für Forschung und Innovation der BOKU, Univ.Prof. Dr. Christian Obinger das Christian Doppler Labor für Wissensbasierte Produktion von Gentherapievektoren eröffnet. Geleitet wird das neueste CD-Labor der Universität für Bodenkultur Wien von Priv.Doz.in Dr.in Astrid Dürauer. Die stellvertretende Leiterin des Instituts für Bioverfahrenstechnik wird in den kommenden sechs Jahren mit ihrem Team Wege erforschen, um zu einer wissens- und modellbasierten Prozessentwicklung und Produktion von rekombinanten Adenoassozierten Viren (rAAV) für die Gentherapie zu gelangen. rAAVs sind eine vielversprechende Möglichkeit, Krankheiten zu heilen oder zu behandeln, die durch fehlende oder defekte Gene verursacht werden. Im neuen CD-Labor sollen die Grundlagen geschaffen werden, damit künftig diese vielversprechenden Medikamente effizient und in ausreichender Menge zur Verfügung gestellt werden können. Das Projekt wird vom Bundesministerium für Arbeit und Wirtschaft (BMAW) sowie von den Unternehmenspartnern Boehringer Ingelheim International GmbH sowie Baxalta Innovations GmbH gefördert.

Arbeits- und Wirtschaftsminister Univ.Prof. Dr. Martin Kocher: „Gentherapien sind bei seltenen erblichen Krankheiten eine große Chance auf Linderung und Heilung, ihre Herstellung ist aber sehr zeitaufwändig und kostspielig. Für die Optimierung der Herstellungsverfahren bietet wissens- und modellbasierte Prozessentwicklung große Chancen. Dieses CD-Labor will die dafür nötigen Grundlagen erforschen. Damit kann der Grundstein gelegt werden für breiter zugängliche, noch besser verträgliche und auch kostengünstigere Therapien. Das bringt Hoffnung für die meist sehr jungen Betroffenen und ihre Familien.“

„Die Kooperation zwischen der BOKU und Boehringer Ingelheim in diesem Projekt ist ein weiterer Baustein, virale Therapeutika als eine wichtige Zukunftstechnologie zu etablieren. Viren und virale Gentherapievektoren bieten neue, hochinnovative Möglichkeiten zur Behandlung schwerer Krankheiten. Für Patientinnen und Patienten birgt das ein großes Potenzial, um die Versorgung bei derzeit noch nicht ausreichend behandelbaren Erkrankungen zu verbessern“, sagt Dr. Jan Schöning, Leiter Viral Therapeutics Center Boehringer Ingelheim.

Bei einer Gentherapie wird genetisches Material in Zellen eingeschleust, um Defekte zu reparieren oder fehlende Gene zu ersetzen. Viren, die beim Menschen keine Erkrankung auslösen, haben sich dabei als sehr geeignetes Transportmittel für diese Geninformationen erwiesen. Häufig werden dafür Adeno-assoziierte Viren (AAVs) verwendet. AAVs können sich ohne das Vorhandensein von Helferviren nicht in menschlichen Zellen vermehren und sind nur in äußerst seltenen Fällen für Menschen pathogen. Die modifizierte Virus-DNA wird nicht ins menschliche Genom eingebaut, sondern existiert eigenständig in den Zellen. Der Schlüssel zum Erfolg von AAVs liegt in ihrer Fähigkeit, gezielt und sicher genetisches Material in die Zellen einzuführen, ohne schädliche Auswirkungen zu verursachen. Dies macht sie zu vielversprechenden Kandidaten für die Entwicklung von Therapien gegen genetisch bedingte Krankheiten.

Die Entwicklung eines Herstellungsprozesses für rekombinante AAVs (rAAV) ist aktuell Empirie-getrieben und daher sehr kostenintensiv und oft mit geringen Ausbeuten verbunden. Das neue CD-Labor erforscht nun Wege, um zu einer wissens- und modellbasierten Prozessentwicklung und Produktion von rAAV für die Gentherapie zu gelangen. Das reicht von der gezielten Erforschung vorhandener Limitierung auf Zellebene über verbesserte Nachweisemethoden hinzu Echtzeitüberwachung und -steuerung von Herstellungsprozessen.

„Zur Zeit verstehen wir noch zu wenig darüber, was in den Zellen bei der Expression von rAAVs vorgeht und wie sich das auf die Qualität von rAAVs auswirkt. Wir müssen das Zusammenspiel aller Schritte dieses komplexen Herstellungsprozesses noch viel besser erforschen, um dann gezielte Verbesserungen einführen zu können. Außerdem ist die Überprüfung der Produktqualität derzeit erst nach Abschluss eines Prozessschritts möglich. Solche Analysen sind zeit- und kostenintensiv und verlangen Stehzeiten im Prozess. Sie liefern nur rückblickend Informationen und können nicht zur Prozesssteuerung verwendet werden. Daher werden wir Sensoren untersuchen, die während des Prozesses wichtige Parameter aufzeichnen und diesen somit überwachen und steuern. Diese Vorgehensweise erhöht sowohl die Sicherheit der Prozesse als auch deren Effizienz, erläutert Priv.Doz.in Dr.in Astrid Dürauer, die Leiterin des neuen und insgesamt siebenten derzeit aktive CD-Labors der BOKU.

Über Christian Doppler Labors

In Christian Doppler Labors wird anwendungsorientierte Grundlagenforschung auf hohem Niveau betrieben, hervorragende Wissenschafter*innen kooperieren dazu mit innovativen Unternehmen. Für die Förderung dieser Zusammenarbeit gilt die Christian Doppler Forschungsgesellschaft international als Best-Practice-Beispiel. Christian Doppler Labors werden von der öffentlichen Hand und den beteiligten Unternehmen gemeinsam finanziert. Wichtigster öffentlicher Fördergeber ist das Bundesministerium für Arbeit und Wirtschaft. 

Wissenschaftlicher Kontakt:

Priv.Doz.in Dr.in Astrid Dürauer
Institut für Bioverfahrenstechnik
Universität für Bodenkultur Wien

Tel.: +43 1 47654 79095