Brustkrebs: Neuer Wirkstoff lässt Gehirnmetastasen schrumpfen
Studie eröffnet neue Perspektive in Krebstherapie und -forschung
Eine österreichische Studie unter der Leitung der MedUni Wien zeigte, dass sich Gehirnmetastasen bei Brustkrebspatient:innen durch eine neuartige Wirkstoffklasse teilweise oder sogar ganz zurückbilden. Es handelt sich dabei um eine chemische Verbindung aus Antikörper und Chemotherapie, die nach den aktuellen Erkenntnissen eine gänzlich neue Perspektive in der onkologischen Forschung und zielgerichteten Therapie eröffnet. Die Studienergebnisse wurden im Top-Journal Nature Medicine publiziert und gelten als bahnbrechend in der Behandlung von Gehirnmetastasen, einer gefürchteten Komplikation bei Krebserkrankungen.
In die Studie eingeschlossen wurden 14 Frauen und ein Mann mit HER2-positivem Brustkrebs und Gehirnmetastasen, die an der Klinischen Abteilung für Onkologie von MedUni Wien und AKH Wien betreut wurden. Dabei untersuchte das österreichische Forschungsteam um Matthias Preusser und Rupert Bartsch (Klinische Abteilung für Onkologie der Universitätsklinik für Innere Medizin I von MedUni Wien und AKH Wien) erstmals den Wirkstoff Trastuzumab-Deruxtecan (T-Dxd) als möglichen neuen Therapieansatz bei jenen Fällen, bei denen Brustkrebs ins Gehirn streut.
Das Resultat: Bei 73,3 Prozent der Patient:innen schrumpften die Metastasen durch T-Dxd, bei zwei von 15 Patient:innen (13,3 Prozent) waren sie sogar durch bildgebende Verfahren nicht mehr nachweisbar. Neben diesem überaus positiven Ergebnis stellten die Forscher:innen eine gute Verträglichkeit fest: Während der Behandlungszeit verschlechterten sich weder Gehirnfunktion noch Lebensqualität der Teilnehmer:innen. Darüber hinaus ist T-Dxd auch im EU-Raum bereits zugelassen: „Es kann also umgehend in onkologischen Spezialeinheiten Österreichs und im internationalen Raum zur Therapie von Brustkrebspatient:innen mit Gehirnmetastasen eingesetzt werden“, betont Studienleiter Matthias Preusser
50 Prozent entwickeln Gehirnmetastasen
Mit mehr als 5000 Neuerkrankungen pro Jahr ist Brustkrebs in Österreich die häufigste Krebserkrankung bei Frauen. Mit einem Anteil von weniger als einem Prozent kann der Tumor auch Männer treffen. 15 Prozent der Betroffenen leiden an HER2-positivem Brustkrebs. Bei dieser aggressiven Tumorart fungieren HER2 (Humane Epidermale Rezeptoren) als Bindungsstellen für Wachstumsfaktoren, die die Krebszelle zur Teilung und damit zu Wachstum und Metastasen antreiben. Bei bis zu 50 Prozent der Patient:innen mit metastasiertem HER2-positivem Brustkrebs streut der Tumor ins Gehirn.
Konjugat aus Antikörper und Chemotherapie
Für die Behandlung von inoperablem oder metastasiertem HER2-positivem Brustkrebs wurde T-Dxd 2021 von der Europäischen Arzneimittel-Agentur (EMA) zugelassen. Es handelt sich dabei um eine chemische Verbindung (Konjugat) aus einem Antikörper gegen HER2 (Trastuzumab) und einer Chemotherapie (Deruxtecan). Bisher war nicht bekannt, ob das neuartige Konjugat bei Gehirnmetastasen wirksam sein kann. Auf Basis der aktuellen Studienergebnisse werden nun weitere Untersuchungen zur neuen Wirkstoffklasse geplant: „Unsere Erkenntnisse eröffnen gänzlich neue Perspektiven für die klinische Forschung und Behandlung von Gehirnmetastasen bei Brustkrebs – und möglicherweise weiteren Tumorarten“, blickt Matthias Preusser optimistisch in die Zukunft der Krebstherapie.
Erschienen in: Nature Medicine (Impact-Faktor 87,241)
Trastuzumab-Deruxtecan in HER+ breast cancer with brain metastases: a single-arm, phase 2 trial
Rupert Bartsch, Anna Sophie Berghoff, Julia Furtner, Maximilian Marhold, Elisabeth Sophie Bergen, Sophie Roider-Schur, Angelika Martina Starzer, Heidrun Forstner, Beate Rottenmanner, Karin Dieckmann, Zsuzsanna Bago-Horvath, Helmuth Haslacher, Georg Widhalm, Aysegül Ilhan-Mutlu, Christoph Minichsdorfer, Thorsten Fuereder, Thomas Szekeres, Leopold Oehler, Birgit Gruenberger, Christian F. Singer, Ansgar Weltermann, Rainer Puhr, Matthias Preusser
Doi: 10.1038/s41591-022-01935-8
https://www.nature.com/articles/s41591-022-01935-8
Die TUXEDO-1 Studie wurde von der Klinischen Abteilung für Onkologie der Universitätsklinik für Innere Medizin I von MedUni Wien und AKH Wien geleitet und in Kooperation mit der Universitätsklinik für Radiologie und Nuklearmedizin, der Universitätsklinik für Radioonkologie, dem Klinischen Institut für Pathologie, der Universitätsklinik für Neurochirurgie, der Universitätsklinik für Frauenheilkunde von MedUni Wien und AKH Wien sowie der 1. Abteilung für Innere Medizin/Onkologie des St. Josef Krankenhauses Wien, der Abteilung für Innere Medizin, Hämatologie und internistische Onkologie des Landesklinikums Wiener Neustadt und dem Ordensklinikum Barmherzige Schwestern Elisabethinen Linz durchgeführt.
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Mag. Johannes Angerer
Medizinische Universität Wien
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