Die Weiterentwicklung von immunmodulierenden Krebstherapien im Fokus
Christian Doppler-Labor für Personalisierte Immuntherapie an der MedUni Wien eröffnet
Die Interaktionen zwischen Tumorgewebe und dem individuellen Immunsystem einer Patientin bzw. eines Patienten erfolgen nach einem komplexen, bisher nur unzureichend verstandenen Zusammenspiel. Das fundierte Verständnis dieses komplexen Orchesters aus aktivierenden und supprimierenden Signalen ist jedoch eine wesentliche Basis für den Einsatz und vor allem die klinische Weiterentwicklung von immunmodulierenden Therapiestrategien bei PatientInnen mit metastasierender Tumorerkrankung. Am heute, Donnerstag, an der MedUni Wien eröffneten Christian Doppler-Labor für Personalisierte Immuntherapie unter Leitung von Matthias Preusser (Klinische Abteilung für Onkologie, Universitätsklinik für Innere Medizin I) sollen genau diese multimodalen, immunologischen Faktoren untersuchen werden, um so die Grundlagen für die Weiterentwicklung von immunmodulierenden Therapien zu schaffen.
„Unsere Erkenntnisse werden wesentlich zum Verständnis von immunologischen Faktoren der Krebsprogression beitragen und bilden somit die Basis, um in Zukunft klinische Studien individuell auf den jeweiligen immunologischen Status eines Patienten bzw. einer Patientin abgestimmt zu planen. Ganz im Sinne der Präzisionsmedizin“, erklärt Preusser.
„Das neue Wissen aus dem CD-Labor wird den Betroffenen ein längeres und besseres Leben ermöglichen“, betont Dr. Margarete Schramböck, Bundesministerin für Digitalisierung und Wirtschaftsstandort. „Die Krebstherapie kann durch Methoden der modernen Biotechnologie und Digitalisierung wie Machine Learning sowie fortgeschrittene genetische Analysen an die jeweilige Patientin und den jeweiligen Patienten, sein Immunsystem und die Art des Tumors zugeschnitten werden. Das stärkt nicht nur die Gesundheit einzelner, sondern auch den Wissenschafts- und Wirtschaftsstandort Österreich“.
„Das neue CD-Labor verstärkt dank der Unterstützung durch die Christian Doppler Gesellschaft den MedUni Wien-Schwerpunkt Präzisionsmedizin und unseren translationalen Forschungsansatz, denn alle Partner verfolgen das gemeinsame Ziel, aus Erkenntnissen der Grundlagenforschung innovative Therapien für Patientinnen und Patienten zu entwickeln“, betont Michaela Fritz, Vizerektorin der MedUni Wien für Forschung und Innovation.
„Die Zeit der ungerichteten Krebsbehandlung ist vorbei. Die immunmodulierenden Therapiestrategien setzen genau an diesem Punkt an. In der Zukunft der Medizin geht es darum, für jede Person die passende Therapie zu finden. Diese „personalisierte“ Medizin ist Teil unserer Strategie bei Roche. Als breit aufgestelltes Gesundheitsunternehmen, sowohl im Pharmabereich als auch in der Diagnostik, werden wir gemeinsam mit dem CD-Labor Innovation an der Schnittstelle zwischen Forschung und Wirtschaft entstehen lassen“, ergänzt Johannes Pleiner-Duxneuner, Medical Director Roche Austria GmbH.
Verständnis für die Variabilität von immunologischen Faktoren in Raum und Zeit
In einer retrospektiven Kohorte wollen die ForscherInnen Charakteristika des Tumorgewebes mittels immunhistochemischer Methoden sowie mittels Sequenzierung und epigenetischer Analysen untersuchen und gleichzeitig bei einer Untergruppe von PatientInnen zwei oder mehrere Tumorproben von verschiedenen Lokalisationen bzw. zu verschiedenen Zeiten im Krankheitsverlauf analysieren. Das Ziel: „Die Variabilität von immunologischen Faktoren in Raum und Zeit besser zu verstehen.“ Mit Unterstützung von Machine-Learning-Methoden werden die radiologischen Bilder der PatientInnen analysiert und mit den Ergebnissen der Gewebsanalysen korreliert, um ein Vorhersagemodell für das künftige Ansprechen auf Therapien entwickeln.
„Die in der retrospektiven Kohorte gewonnen Erkenntnisse sollen dann in einer prospektiven Kohorte, welche während der Laufzeit des CD-Labors akquiriert wird, überprüft werden“, so der Laborleiter. In diese Kohorte sollen PatientInnen mit „Anti-Programmed Cell Death Ligand 1 (PD-L1)-basierter Mono- oder Kombinationstherapie sowie PatientInnen mit anderen systemischen Therapieformen wie Chemotherapie, zielgerichtete Therapie und andere immunmodulierende Therapien mit eingeschlossen werden. Alle PatientInnen werden gemäß der Empfehlung eines interdisziplinären Tumorboards nach dem derzeitigen Therapiestandard behandelt.
Multimodales Analyseschema
In einer international einzigartigen Bio-Bank werden von der prospektiven Kohorte während des Behandlungszeitraums mehrmals Tumormaterial, Blut, Stuhl, Urin sowie Speichel entnommen und in weiterer Folge mittels eines komplexen Untersuchungspanels untersucht.
Durch das Erfassen aller Parameter soll es möglich werden, in Bezug auf die individuelle Immunantwort und deren Einfluss auf metastasierende Krebserkrankungen ein multimodales Analyseschema zu entwickeln. Das umfasst die wechselseitige Beziehung von immuno-logischen Blutparametern (‚Liquid Biopsies‘) sowie klinische Charakteristika einschließlich des Überlebens, gewebebasierten (immunologischen, genetischen, epigenetischen) Faktoren sowie bildgebende Verfahren. Dieses Analyseschema soll dazu beitragen, die Grundlagen für neue, individuell zugeschnittene, immunmodulierende Therapien zu erlangen.
Durch die multidisziplinäre Zusammenarbeit mit Kooperationspartnern vom Klinischen Institut für Pathologie, von der Universitätsklinik für Radiologie und Nuklearmedizin, vom Klinisches Institut für Labormedizin und vom CeMM Forschungszentrum für Molekulare Medizin GmbH zielt das CD-Labor für „Personalisierte Immuntherapie“ darauf ab, 360-Grad-Biomarker für Krebsimmuntherapie zu entwickeln und so die zielgerichtete Therapie von PatientInnen mit fortgeschrittenen Tumorerkrankungen zu verbessern.
Über Christian-Doppler-Labors
In Christian-Doppler-Labors wird anwendungsorientierte Grundlagenforschung auf hohem Niveau betrieben, hervorragende WissenschafterInnen kooperieren dazu mit innovativen Unternehmen. Für die Förderung dieser Zusammenarbeit gilt die Christian Doppler Forschungsgesellschaft international als Best-Practice-Beispiel. Christian Doppler Labors werden von der öffentlichen Hand und den beteiligten Unternehmen gemeinsam finanziert. Wichtigster öffentlicher Fördergeber ist das Bundesministerium für Digitalisierung und Wirtschaftsstandort (BMDW).
Medizinische Universität Wien – Kurzprofil
Die Medizinische Universität Wien (kurz: MedUni Wien) ist eine der traditionsreichsten medizinischen Ausbildungs- und Forschungsstätten Europas. Mit rund 8.000 Studierenden ist sie heute die größte medizinische Ausbildungsstätte im deutschsprachigen Raum. Mit 5.500 MitarbeiterInnen, 30 Universitätskliniken und zwei klinischen Instituten, 12 medizintheoretischen Zentren und zahlreichen hochspezialisierten Laboratorien zählt sie auch zu den bedeutendsten Spitzenforschungsinstitutionen Europas im biomedizinischen Bereich.
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