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Frühstart: Darmerkrankung als Komplikation bei Frühgeborenen

05.08.2020

Grazer WissenschafterInnen identifizieren Prophylaxe

Frühgeborene haben beim Start ins Leben oft einige Herausforderungen zu meistern. So ist beispielsweise bei einem Geburtsgewicht unter 1.500 Gramm die Gefahr größer, an einer nekrotisierenden Enterokolitis zu erkranken. Diese Darmerkrankung kann vor allem für sehr kleine Frühchen lebensgefährliche Folgen haben. An der Med Uni Graz wurde nun gezeigt, dass die Unterstützung des Mikrobioms von Frühgeborenen mit Probiotika günstig für besonders kleine Frühchen ist und vor einer Erkrankung mit nekrotisierender Enterokolitis schützen kann. Die Forschungsergebnisse wurden im renommierten Journal „Nutrients“ veröffentlicht.

NEC: Gefährliche Darmerkrankung als häufige Komplikation bei Frühchen

Die nekrotisierende Enterokolitis (NEC) ist die häufigste akute Erkrankung des Magen-Darm-Traktes bei sehr kleinen Frühgeborenen mit einem Geburtsgewicht unter 1.500 Gramm. „Besonders häufig tritt sie in den ersten beiden Lebenswochen auf“, beschreibt Bernhard Resch, Klinische Abteilung für Neonatologie der Med Uni Graz. Die Therapie sieht vor, die Ernährung über den Magen-Darm-Trakt für bis zu zehn Tage einzustellen und durch Infusionen zu ersetzen. Begleitend erfolgt eine Behandlung mit Antibiotika. „Die Forschung beschäftigt sich schon länger mit den Möglichkeiten zur Prophylaxe bei NEC“, so Bernhard Resch. An der Medizinischen Universität Graz wurde gemeinsam mit KollegInnen aus Klagenfurt untersucht, ob Probiotika das Mikrobiom von Frühgeborenen positiv beeinflussen können, um so, in Kombination mit Antibiotika, eine Prophylaxe bei NEC bieten zu können.

Probiotika unterstützen beim Aufbau eines vielfältigen Mikrobioms

In der von Bernhard Resch geleiteten Studie untersuchten die WissenschafterInnen die Entwicklung des Mikrobioms von sehr kleinen Frühgeborenen mit einem Geburtsgewicht unter 1.500 Gramm in den ersten beiden Lebenswochen. Dafür führten die ForscherInnen Stuhluntersuchungen mithilfe der sogenannten 16S rRNA Methode – eine genetische Untersuchungsmethode - durch und konnten zeigen, dass die Gabe von Probiotika bei sehr kleinen Frühgeborenen das Mikrobiom sofort dominiert und bereits nach 14 Tagen zu einem reifen und vielfältigen Mikrobiom beiträgt. Dazu untersuchten die WissenschafterInnen Stuhlproben von Frühgeborenen aus Graz, Leoben und Klagenfurt im Rhythmus von zwei Tagen. Im Rahmen seiner Dissertation führte Stefan Kurath-Koller den klinischen Teil der Studie durch und Charlotte Neumann übernahm die genetischen Untersuchungen (beide Med Uni Graz).

Wie die Studienergebnisse zeigen, beeinflusst die orale Gabe von Antibiotika gemeinsam mit Probiotika als Prophylaxe bei NEC das Mikrobiom von Neugeborenen nicht negativ. Dies war international bislang umstritten. Vielmehr konnten die ForscherInnen zeigen, dass die Gabe von Probiotika bei sehr kleinen Frühgeborenen positiv zur Ausbildung eines vielfältigen Mikrobioms beiträgt. Für die WissenschafterInnen war ebenfalls interessant zu sehen, dass sich das Mikrobiom krankenhausspezifisch voneinander unterschied, also je nachdem, ob die Proben aus Graz, Leoben oder Klagenfurt kamen. Dies ist auf die jeweiligen beeinflussenden Faktoren zurückzuführen, wobei nicht nur die Ernährung, sondern auch die Frühgeburtenstation bzw. das Umfeld im Krankenhaus prägend auf das Mikrobiom des Neugeborenen wirken.

Krankheitsprophylaxe durch Probiotika

„Unsere Forschungsergebnisse zeigen, dass die NEC Prophylaxe mittels oraler Gabe eines Probiotikums auch bereits bei sehr kleinen Frühgeborenen eingesetzt werden kann“, fasst Studienleiter Bernhard Resch zusammen.

„Weitere Schritte sind nun die Metagenom- und Metabolomuntersuchungen dieser Stuhlproben. Mit ersterem lässt sich begreifen, welche Bakterien wofür zuständig sind und wir beschreiben nicht nur ihr Vorhandensein. Bei letzterem untersuchen wir die Wechselwirkungen und das Reaktionsnetzwerk unserer bisherigen Beobachtungen. Somit hoffen wir einiges an den zugrundeliegenden Mechanismen besser verstehen zu können“, blickt Bernhard Resch in die Zukunft.

Weitere Informationen und Kontakt

Univ.-Prof. Dr. Bernhard Resch
Klinische Abteilung für Neonatologie
Universitätsklinik für Kinder- und Jugendheilkunde
Medizinische Universität Graz
Tel.: +43 316 385 81134
bernhard.resch@medunigraz.at

Link zur Studie

Hospital regimens including probiotics guide the individual development of the gut microbiome of very low birth weight infants in the first two weeks of life.

https://www.mdpi.com/2072-6643/12/5/1256/htm

Medizinische Universität Graz
Öffentlichkeitsarbeit und Veranstaltungsmanagement
Tel.: +43 316 385 72023
gerald.auer@medunigraz.at