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Herzinsuffizienz: Forschungsarbeit der Med Uni Graz untersucht Entstehung alterungsbedingter Herzerkrankungen

01.06.2022

Herz-Kreislauf-Erkrankungen sind weltweit noch immer die häufigste Todesursache. Wenn das Herz zu schwach ist, um den Körper mit ausreichend Blut und damit lebenswichtigen Nährstoffen sowie Sauerstoff zu versorgen, besteht eine Herzschwäche (oder Herzinsuffizienz). Allein in Österreich leben rund 250 000 Menschen mit Herzinsuffizienz – mit stetig steigender Prävalenz aufgrund der höheren Lebenserwartung. Forscher*innen der Med Uni Graz und ein internationales Team unter der Leitung und Koordination von Simon Sedej und Mahmoud Abdellatif haben einen bestimmten Mechanismus im Körper im Visier, der für ein zunehmendes Versagen der Herzfunktion im Alter verantwortlich sein kann.

Das Rätsel hinter IGF-1

Im Fokus der Forschung steht der sogenannte „Insulinähnliche-Wachstumsfaktor-1(IGF-1)-Signalweg“. Klinische und experimentelle Untersuchungen belegen, dass IGF-1 im Herz eine wesentliche Rolle bei der Regulation des Wachstums, der Kontraktionskraft des Herzes und des Stoffwechsels spielt. Darüber hinaus scheint IGF-1 auch für alterungsbedingte Funktionseinschränkungen des Herzes verantwortlich zu sein. Bei Herzversagen wird oft eine erhöhte Aktivität des IGF-1-Rezeptors nachgewiesen, weshalb die Forscher*innen nun erstmals untersucht haben, welche Folgen diese erhöhte IGF-1-Aktivität im Mausmodell im Laufe eines Lebens haben kann. „Bisherige experimentelle Studien an Mäusen haben gezeigt, dass eine erhöhte IGF-1-Rezeptoraktivierung im Herz sowohl negative als auch positive Wirkung auf die Herzfunktion ausüben kann. Trotz großer Relevanz des kardialen IGF-1-Signalwegs auf die Herzfunktion blieben diese kontroversen Ergebnisse lange ungeklärt“, erklärt Simon Sedej.

Um die Folgen von erhöhter oder niedriger IGF-1-Rezeptoraktivierung im Laufe eines Lebens zu analysieren, wurden zwei Mausmodelle erforscht, die eine erhöhte bzw. eine niedrige IGF-1-Signalaktivität im Herz aufwiesen. So konnten die Forscher*innen direkt vergleichen, wie sich Veränderungen der normalen IGF-1-Signalaktivität auf die Herzfunktion im Verlauf des Lebens auswirken.

Doppeltes Spiel

Die Forscher*innen haben herausgefunden, dass junge Mäuse mit erhöhter IGF-1-Signalaktivität eine bessere Herzfunktion hatten, die sich aber im Laufe ihres Lebens schneller verschlechtert hat als bei normalen Mäusen. So kommt es früher zu Herzinsuffizienz und schlussendlich einer niedrigeren Lebenserwartung. Die jungen Mäuse mit reduzierter IGF-1-Signalaktivität haben hingegen anfangs eine schlechtere Herzfunktion gezeigt, die sich im Alter aber verbessert und zu einer höheren Lebenserwartung beigetragen hat.

Kurz zusammengefasst: Hohe IGF-1-Signalaktivität im Herz wirkt sich im Mausmodell positiv auf das Herzmuskelwachstum, die Kontraktionskraft und den Stoffwechsel in der Jugend aus, im Alter hingegen ist eine niedrigere IGF-1-Signalaktivität im Herz für Herzfunktion und erhöhte Lebenserwartung vorteilhafter.

Schlüsse für die Zukunft

Diese Arbeit erklärt die bisherigen kontroversen Ergebnisse und liefert wichtige Hinweise auf mögliche Ursachen für die Entstehung von Herzinsuffizienz im fortgeschrittenen Alter, die weiter erforscht werden sollten. „Unsere Studie bringt wichtige Erkenntnisse über die entscheidende Rolle der Feinregulation des kardialen IGF-1-Signalwegs: einerseits für seine Vorteile während der frühen Lebensphasen und andererseits, um schädliche Auswirkungen auf den alternden Herzmuskel zu vermeiden. Damit eröffnet diese Arbeit Perspektiven für die Therapie von altersbedingten Herzerkrankungen und legt einen wesentlichen Grundstein für zukünftige Studien. Diese werden zeigen, ob pharmakologische Inhibitoren des IGF-1-Signalwegs, die derzeit in der Krebstherapie eingesetzt werden, altersbedingte Herzerkrankungen verhindern könnten“, erklärt Simon Sedej.

Weitere Informationen und Kontakt

Assoz.-Prof. PD Dr. Simon Sedej
Medizinische Universität Graz
Universitätsklinik für Innere Medizin
Klinische Abteilung für Kardiologie
Tel.: +43 / 316 / 385-72742
E-Mail: simon.sedej@medunigraz.at