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Hohes Risiko: Männer ab 75 leiden häufiger an Adipositas

19.03.2019

Grazer WissenschafterInnen orten Herausforderungen an das Gesundheitssystem

Sitzende Tätigkeit, passive Freizeitgestaltung und ein ständiges Nahrungsmittelüberangebot – Neben krankheitsbedingten Ursachen ist es vor allem der Lifestyle, der die Adipositas begünstigt. WissenschafterInnen an der Medizinischen Universität Graz haben sich die Entwicklung der Fettleibigkeit in Österreich über die letzten 41 Jahre angesehen und halten fest, dass vor allem ältere Menschen und im speziellen Männer ab 75+ eine Risikogruppe für Adipositas darstellen. Die Studienergebnisse wurden aktuell im European Journal of Public Health veröffentlicht.

Adipositas: Rund 16% der Erwachsenen ÖsterreicherInnen betroffen

Viele haben sich für die Fastenzeit gute Vorsätze vorgenommen. Dahinter steckt oft auch der Wunsch ein paar überflüssige Kilos loszuwerden und ein bisschen mehr Sport in den Alltag zu bringen. Dies wäre auch eine wünschenswerte Entwicklung und ein guter Ansatz im Kampf gegen die Adipositas, wie zwei ForscherInnen der Medizinischen Universität Graz festhalten. Von Adipositas (Fettleibigkeit) spricht man generell ab einem Körpermasseindex von 30 kg/m², wobei dieses starke Übergewicht und das dadurch angesammelte Körperfett mit schweren Gesundheitsfolgen einhergehen. Die aktuellste Erhebung zeigt, dass die altersstandardisierte Adipositasrate unter den Erwachsenen in Österreich mit 15,8% im Vergleich zu anderen europäischen Ländern verhältnismäßig gering ist. In ihrer Studie zur Adipositas in Österreich haben Studienleiterin Franziska Großschädl vom Institut für Pflegewissenschaft und Willibald Stronegger vom Institut für Sozialmedizin und Epidemiologie, beide Med Uni Graz, die Daten zum Verlauf von Adipositas bei Erwachsenen in Österreich untersucht. Von 1973 bis 2014, also über einen Zeitraum von 41 Jahren, haben die beiden WissenschafterInnen den Trend in der Adipositasprävalenz beobachtet. Repräsentative und zuverlässige Daten zur Adipositas werden von Statistik Austria seit 1973 in unregelmäßigen Abständen erhoben. „Durch die Untersuchung der Adipositastrends in verschiedenen Subgruppen konnten Risikogruppen gut identifiziert und dargestellt werden, um in weiterer Folge Empfehlungen für die Gesundheitspolitik abzuleiten“, fasst Franziska Großschädl eingangs zusammen.

Männer stärker von Adipositas betroffen als Frauen

Der Beginn der Beobachtungsperiode zeigt, dass die Erkrankungsrate an Adipositas zwischen 1973 und 1983 in Österreich leicht zurückgegangen ist. „Ab 1983 ist ein Anstieg der Fettleibigkeit zu beobachten, wobei der Anstieg zwischen 1991 und 2007 sowohl bei Männern als auch Frauen konstant hoch war“, so die Studienautorin. Weiters konnte beobachtet werden, dass sich ab dem Jahr 2007 die Rate der adipösen Frauen in Österreich stabilisiert hat, während die Rate bei den Männern zwischen 2007 bis 2014 weiter Anstieg. „Seit 2014 sind erstmals mehr Männer (16,8%) als Frauen (14.06%) in Österreich von Adipositas betroffen. Bisherige Studien zeigten, dass für gewöhnlich mehr Frauen als Männer an Adipositas leiden. „Aber auch Zukunftsprognosen für andere Länder berichten über höhere Adipositasraten unter Männern in Europa“, erklärt Franziska Großschädl. Es wird vermutet, dass Public Health Strategien zur Gewichtsreduktion in der Vergangenheit von Frauen besser angenommen wurden als von Männern. „Für zukünftige Programme empfehlen wir, Programme zielgerichtet für Frauen und Männer anzubieten“, sind sich Franziska Großschädl und Willibald Stronegger einig.

Adipöse alternde Gesellschaft als Herausforderung für das Gesundheitssystem

In der Altersgruppe der 55- bis 74-Jährigen gab es in der jüngsten Untersuchung die meisten Fälle von Adipositas. „Auch in der niedrigsten Bildungsgruppe – Personen ohne Matura – waren im Vergleich zu Personen mit höherem Bildungslevel, deutlich mehr von Adipositas betroffen“, beschreibt Franziska Großschädl. Frühere Untersuchungen haben ebenfalls ergeben, dass Adipositas stark mit der Bildung korreliert und weniger gebildete Menschen hierbei oft benachteiligt sind. „Den niedrigsten Anstieg in der Adipositasprävalenz zeigten im gesamten 41-jährigen Beobachtungszeitraum Akademikerinnen“, berichtet die Studienautorin.

Wo nun der Anstieg besonders hoch war, beschreibt Franziska Großschädl so: „Vor allem Frauen im Alter von 75+ und Männer zwischen 55 bis 74 Jahren sowie insgesamt Menschen mit niedrigem Bildungslevel waren vom Anstieg der Adipositasprävalenz besonders stark betroffen.“ Den insgesamt höchsten Anstieg in der Adipositasrate zwischen 1973 und 2014 verzeichnen jedoch Männer im Alter von 75+ mit Matura oder akademischen Abschluss. „Diese Gruppe muss künftig näher untersucht werden, um genaue Präventionsmaßnahmen planen zu können“, so die beiden AutorInnen. Abschließend halten Franziska Großschädl und Willibald Stronegger fest, das vor allem ältere Männer eine Risikogruppe für Adipositas in Österreich darstellen. Eine große Zahl von adipösen älteren Menschen ist insofern eine große Herausforderung für das Gesundheitssystem, da Adipositas unter Älteren häufig mit vermehrten Pflegebedarf einhergeht. Somit ist eine immer älter werdende Gesellschaft auch in Anbetracht der Gefahr an Adipositas zu erkranken eine große Herausforderung für die Gesundheitsressourcen, die es zukünftig zu meistern gilt.

Zur Publikation: https://doi.org/10.1093/eurpub/cky280

Weitere Informationen:

Sen.-Lecturer Dr.in Franziska Großschädl, MSc
Institut für Pflegewissenschaft
Medizinische Universität Graz
Tel.: +43 385 71688
franziska.grossschaedl@medunigraz.at

MMag. Gerald Auer
Öffentlichkeitsarbeit und Veranstaltungsmanagement
Medizinische Universität Graz
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