Leberzirrhose: Neue Studie zur Auswirkung von systemischer Entzündung auf den Krankheitsverlauf
PatientInnen mit Leberzirrhose weisen ein weites Spektrum an klinischen Symptomen auf. Eine prospektive Studie der MedUni Wien konnte nun zeigen, dass Biomarker für systemische Inflammation (Entzündung) im Blut über die unterschiedlichen Erkrankungsstadien ansteigen und die Entwicklung von Krankheitskomplikationen sogar schon in bisher asymptomatischen PatientInnen vorhersagen können.
Leberzirrhose verursacht jährlich etwa 170.000 Todesfälle in Europa und rezente epidemiologische Daten zeigen Österreich bei der Erkrankungsprävalenz der Leberzirrhose in Europa sogar auf Platz zwei. Übermäßiger Alkoholkonsum und Über- bzw. Fehlernährung stellen die häufigste Ursache für eine Fettleber und damit auch für die Entstehung einer Zirrhose in der westlichen Welt dar.
Bei einer Leberzirrhose kommt es durch chronischen Leberschaden zu einer Vernarbung („Fibrose“) und Verlust von funktionierendem Lebergewebe. Aufgrund dieser Veränderungen im Lebergewebe nimmt der Widerstand gegenüber dem Blutfluss zur Leber über die Pfortader („Portalvene“) zu und es entsteht eine sogenannte portale Hypertension. Darüber hinaus haben experimentelle Studien gezeigt, dass die Darmbarriere bei Zirrhose geschwächt ist und somit pathogene Keime und bakterielle Produkte in den Blutstrom übertreten können und eine ausgeprägte Entzündungsreaktion im Körper, also eine „systemische Inflammation“ verursachen. Alle diese Krankheitsmechanismen fördern das Fortschreiten der Lebererkrankung, was sich klinisch als Übertritt von der asymptomatischen („kompensierten“) zur symptomatischen („dekompensierten“) Zirrhose zeigen kann. Das geht gleichzeitig mit einem deutlich erhöhten Sterberisiko einher.
Lebervenenkatheterlabor an der MedUni Wien als internationales Vorzeigemodell
In der aktuellen Studie der MedUni Wien wurde bei knapp 170 PatientInnen eine Lebervenendruckmessung durchgeführt und gleichzeitig bei einer Blutabnahme Biomarker für systemische Inflammation bestimmt. „Die Lebervenendruckmessung mittels Lebervenenkatheteruntersuchung ist aktueller Goldstandard, um den Schweregrad der portalen Hypertension einschätzen zu können“, erklärt der Leiter der Leberzirrhoseambulanz und des Lebervenenkatheterlabors am Universitätsklinikum AKH Wien, Thomas Reiberger. „Wir haben an der MedUni Wien eines der größten Lebervenenkatheterlabors weltweit etabliert und können daher diese prognostisch so wertvolle Untersuchung an unserem Zentrum in der klinischen Routine im Universitätsklinikum AKH Wien anbieten, um die individuelle Therapie unserer PatientInnen mit Zirrhose zu optimieren.“ Das internationale Ansehen des Lebervenenkatheterlabors zeigt sich auch durch regelmäßige Hospitationen, wie jene von Dalila Costa aus Portugal, die gemeinsam mit Benedikt Simbrunner von der Klinischen Abteilung für Gastroenterologie und Hepatologie von MedUni Wien und AKH Wien, die Erstautorenschaft der Studie teilt.
Inflammation als wichtiger Krankheitsmechanismus und prognostischer Faktor
Neue Erkenntnisse durch die Studie zeigen, dass der Schweregrad der portalen Hypertension vorwiegend starke Anstiege bei PatientInnen mit asymptomatischer („kompensierter“) Zirrhose verzeichnet, während Biomarker für systemische Inflammation insbesondere in höheren („dekompensierten“) Erkrankungsstadien deutlich ansteigen. Ein Biomarker für Inflammation, Interleukin-6, kann sowohl in kompensierter als auch in dekompensierter Zirrhose das Risiko für Krankheitskomplikationen und Mortalität vorhersagen. „Diese Daten unterstreichen die Bedeutung von systemischer Inflammation und die Interaktion zwischen Darm und Leber für den Krankheitsverlauf bei Zirrhose, und zeigen auf, dass das Zusammenspiel dieser Organe beim Menschen noch eingehender untersucht werden muss“, stellt Simbrunner fest. Die Studie wurde im renommierten Journal of Hepatology publiziert (Impact Faktor 20,582), dem am höchsten eingestuften Journal im Fachbereich Gastroenterologie und Hepatologie.
Service: Journal of Hepatology
„Systemic inflammation increases across distinct stages of advanced chronic liver disease and correlates with decompensation and mortality”. Costa D, Simbrunner B, Jachs M, Hartl L, Bauer D, Paternostro R, Schwabl P, Scheiner B, Stättermayer AF, Pinter M, Trauner M, Mandorfer M, Reiberger T. https://www.sciencedirect.com/science/article/pii/S0168827820336849
https://doi.org/10.1016/j.jhep.2020.10.004
Rückfragen & Kontakt:
Medizinische Universität Wien
Mag. Johannes Angerer
Leiter Kommunikation und Öffentlichkeitsarbeit
+431 40160 - 11 501
Mobil: +43 664 800 16 11 501
johannes.angerer@meduniwien.ac.at
http://www.meduniwien.ac.at
Karin Fehringer, MBA
Universitätsklinikum AKH Wien
Leiterin Informationszentrum und PR
Tel.: 01/ 40 400 12160
E-Mail: presse@akhwien.at
Währinger Gürtel 18-20, 1090 Wien
www.akhwien.at/presse