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Mitochondrien: Wenn Freunde zu Feinden werden

14.06.2019

Forschungsteam der MedUni Wien entschlüsselt Mechanismus, wie Zellen im Entzündungsprozess kommunizieren

Eine Forschungsgruppe der MedUni Wien und des CeMM Forschungszentrums für Molekulare Medizin der Österreichischen Akademie der Wissenschaften hat einen neuen Mechanismus entschlüsselt, wie Zellen im Entzündungsprozess kommunizieren. Dabei werden von weißen Blutkörperchen abgesetzte körpereigene Mitochondrien zu Auslösern von Entzündungen. Sie werden praktisch vom Freund zum Feind. Die Ergebnisse wurden nun im Journal Circulation Research publiziert.

Das Immunsystem des Körpers dient einerseits zur Abwehr von Fremdkörpern (z.B. Mikroben) und andererseits zum Abbau von körpereigenem, zellulärem Abfall. Entzündung ist ein Teil der Immunantwort und wichtig in der Kommunikation zwischen Zellen. Hingegen fördern chronische Entzündungen die Entstehung von Krankheiten wie zum Beispiel Herz- und Kreislauferkrankungen, welche auch für die meisten Todesfälle verantwortlich sind. Eine ungesunde Lebensweise (z.B. Rauchen, Stress, schlechte Ernährung und Bewegungsmangel) führt zu einer höheren Produktion von zellulärem Abfall, welcher das Immunsystem überfordert und dadurch zur Entstehung chronischer Entzündungen führt. Infektionserkrankungen, ausgelöst durch Mikroben, können durch Arzneimittel (z.B. Antibiotika) in den meisten Fällen erfolgreich behandelt werden. Zur Behandlung von chronische Entzündungen, die durch körpereigenen, zellulären Abfall entstehen, müssen andere therapeutische Strategien entwickelt werden. Es ist daher wichtig zu verstehen, durch welche Mechanismen solche chronischen Entzündungen entstehen.

Christoph Binder vom Klinischen Institut für Labormedizin der MedUni Wien und des CeMM und seine Kollegen Taras Afonyushkin und Florian Puhm haben gemeinsam mit anderen Kooperationspartnern untersucht, wie die zum Immunsystem gehörenden Monozyten (eine Unterform der weißen Blutkörperchen) im Stressfall reagieren. Dabei schnüren Monozyten Teile ihrer Zellmembran in Form von so genannten Mikrovesikeln ab. Diese Mikrovesikel können Alarmsignale zu anderen Zellen versenden. Die Wissenschafter haben entdeckt, dass ein Teil dieser Mikrovesikel Mitochondrien enthält. Normalerweise sind Mitochondrien ein wichtiger Bestandteil von Zellen, welche als zelluläre Kraftwerke bekannt sind. Aber im Vergleich zu herkömmlichen Mitochondrien haben diese von gestressten Monozyten freigesetzten Mitochondrien ein sehr hohes Potenzial, Entzündungen auszulösen.

Zwei Faktoren machen diese „Stress-Mitochondrien“ der Monozyten gefährlich. Der mit ihnen verbundene Tumornekrosefaktor (Signalstoff des Immunsystems) sowie veränderte mitochondriale RNS (Ribonukleinsäure). Über diese beiden Faktoren lösen „Stress-Mitochondrien“ jeweils Tumornekrosefaktor und Typ 1 Interferon Signalwege in Empfängerzellen aus. Diese sind zwei der wichtigsten Signalwege in chronischen, entzündlichen Erkrankungen.

„Wir konnten zeigen, dass aktivierte Monozyten spezielle, gestresste Mitochondrien absetzen, die schon in geringen Mengen gefährlich auf körpereigene Zellen wirken, indem sie diese stärker zu Entzündungsreaktionen veranlassen“, erklärt Taras Afonyushkin, einer der Erstautoren der Studie.

Dadurch ergeben sich aber auch zwei neue mögliche Ansätze für Therapien. „Man könnte einerseits durch Stimulierung des Immunsystems den Abbau der freigesetzten Mitochondrien gezielt (z.B. durch Antikörper) fördern und dadurch deren Aktivität im Blut reduzieren“, erklärt Christoph Binder, „andererseits könnte ein besseres Verständnis der Mechanismen, die zum Absetzen dieser Mitochondrien führen, dabei helfen, Moleküle zu finden, die genau dieses verhindern.“

Service: Circulation Research

Mitochondria Are a subset of Extracellular Vesicles Released by Activated Monocytes and Induce Type I IFN and TNF Responses in Endothelial Cells – Florian Puhm, Taras Afonyushkin, Ulrike Resch, Georg Obermayer, Manfred Rohde, Thomas Penz, Michael Schuster, Gabriel Wagner, Andre F Rendeiro, Imene Melki, Christoph Kaun, Johann Wojta, Christoph Bock, Bernd Jilma, Nigel Mackman, Eric Boilard, and Christoph J Binder; Originally published https://doi.org/10.1161/CIRCRESAHA.118.314601

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