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Neues Verfahren verbessert Diagnose von Fettlebererkrankungen

05.07.2022

Alkohol häufiger Ursache als bisher angenommen

Ob Patient:innen an einer nicht-alkoholischen Fettlebererkrankung (NAFLD) oder einer alkohol-assoziierten Lebererkrankung (ALD) leiden, spielt für die Therapie und Prognose eine bedeutende Rolle, kann aber mit den derzeit etablierten Diagnosemethoden nicht zuverlässig festgestellt werden. Im Rahmen einer Studie unter Leitung der MedUni Wien wurde nun ein neues Verfahren eingesetzt, um Alkoholkonsum bei Fettlebererkrankungen nachzuweisen. Dabei zeigte sich, dass bei rund 30 Prozent der Fälle von vermuteter NAFLD das Risiko einer alkoholbedingten Leberschädigung besteht. Als besonders treffsicher stellten sich dabei Alkoholmarker im Haar der Patient:innen heraus. Die Forschungsarbeit wurde kürzlich im renommierten Journal of Hepatology veröffentlicht.

Im Rahmen der Studie wurde der Alkoholkonsum von 184 Patient:innen untersucht, die wegen NAFLD bzw. ALD in den spezialisierten Leberambulanzen des Universitätsklinikums AKH Wien sowie weiteren Zentren in Oberndorf und Wien behandelt wurden. Dabei verglich das Forschungsteam um Katharina Staufer und Michael Trauner, Leiter der Klinischen Abteilung für Gastroenterologie und Hepatologie der MedUni Wien und des AKH Wien, die Ergebnisse aus derzeit angewandten Methoden des Alkoholnachweises mit den Werten aus einem neuen Testverfahren. Dieses besteht in der Kombination aus den Alkoholparametern Ethylglucuronid in Haar (hEtG) und Urin (uEtG) sowie dem Fragebogen AUDIT-C (Alcohol Use Disorders Identification Test). Auf diese Weise wurde bei rund 29 Prozent der Patient:innen mit alkohol-assoziierter Lebererkrankung, aber auch bei rund 29 Prozent der Patient:innen mit vermuteter nicht-alkoholischer Fettleber ein wiederholter moderater bis exzessiver Alkoholkonsum nachgewiesen.

Bei 25 Prozent der Bevölkerung wird NAFLD diagnostiziert

Die nicht-alkoholische Fettlebererkrankung wird mit Adipositas und Insulinresistenz als Teil des metabolischen Syndroms in Verbindung gebracht und bei bis zu 25 Prozent der Bevölkerung festgestellt. Damit ist NAFLD die inzwischen am häufigsten diagnostizierte chronische Lebererkrankung weltweit. Die Diagnose NAFLD schließt Alkohol in schädlichen Mengen als Ursache aus.
Der Einfluss von geringem bis mäßigem Alkoholkonsum auf das Entstehen und Fortschreiten einer Fettlebererkrankung ist in der medizinischen Forschung bis jetzt nicht endgültig geklärt. Bei PatientInnen mit Alkoholkonsum von > 60 g Ethanol/Tag (dies entspricht ungefähr 1,5 Litern Bier oder 0,75 Liter Wein/Tag) hat sich hingegen gezeigt, dass sich ernste Folgeschäden wie eine Steatohepatitis (Fettleber-Hepatitis), eine Fibrose (Lebervernarbung) bis hin zur Leberzirrhose entwickeln können. Aktuelle Studien gehen von deutlich geringeren potenziell schädlichen Alkoholmengen von 10-20 g Ethanol/Tag aus, über denen eine alkohol-assoziierte Lebererkrankung nicht sicher ausgeschlossen werden kann.

Stigma in der Gesellschaft abbauen

Potenziell schädlichen Alkoholkonsum bei Fettleber-Patient:innen frühzeitig zu erkennen, ist wichtig, um optimale Therapieempfehlungen anbieten zu können. Da Patient:innen die Menge des Alkoholkonsums häufig geringer oder gar nicht angeben – sei es aus rückblickender Unterschätzung des eigenen Konsums, aus Sorge vor Stigmatisierung oder als Teil einer Alkohol-Erkrankung –, gestaltet sich dies in der klinischen Praxis allerdings oft als schwierig. „Die Messung von Ethylglucuronid in Haar und Urin zusätzlich zum AUDIT-C kann helfen, den Alkoholkonsum zu erfassen und so häufig erstmals ein offenes Gespräch über den tatsächlichen Alkoholkonsum und seine Folgeschäden zu ermöglichen“, betont Erstautorin Katharina Staufer (Klinische Abteilung für Transplantation von MedUni Wien/AKH Wien) die Wichtigkeit einer vertrauensvollen Ärzt:innen-Patient:innen-Beziehung und unterstreicht weiter: „Es gilt das Stigma, das immer noch häufig mit Alkohol assoziierten Leberschäden einhergeht, in der Gesellschaft abzubauen und eine optimale Behandlung zu ermöglichen.“ In diesem Zusammenhang wurde in den letzten beiden Jahrzehnten von Expert:innen vorgeschlagen, die NAFLD in „Metabolische Dysfunktion-assoziierte Fettlebererkrankung“ (MAFLD) umzubenennen. „Die Ergebnisse unserer Studie werden die Verbesserung der Diagnosekriterien der Fettlebererkrankung weiter vorantreiben“, stellt Michael Trauner in Aussicht.

Erschienen in: Journal of Hepatology

Ethyl glucuronide in hair detects a high rate of harmful alcohol consumption in presumed non-alcoholic fatty liver disease
Katharina Staufer, Ursula Huber-Schönauer, Georg Strebinger, Philipp Pimingstorfer, Silke Suesse, Thomas-Matthias Scherzer, Bernhard Paulweber, Peter Ferenci, Thomas Stimpfl, Michel Yegles, Christian Datz, Michael Trauner
DOI: https://doi.org/10.1016/j.jhep.2022.04.040

Rückfragen & Kontakt:

Mag. Johannes Angerer
Medizinische Universität Wien
Leiter Kommunikation und Öffentlichkeitsarbeit
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