Pharmig: Bei der kommunalen Abwasserrichtlinie ist Fairness in der Umsetzung notwendig
Die nationale Umsetzung der EU-Richtlinie muss Fairness und einheitliche Rahmenbedingungen bringen, sonst drohen massive negative Auswirkungen auf die Arzneimittelverfügbarkeit und den Pharmastandort Europa.
Wien - Gestern wurde die Richtlinie über die Behandlung von kommunalem Abwasser (Kommunale Abwasserrichtlinie bzw. Urban Wastewater Treatment Directive (UWWTD)) auf EU-Ebene verabschiedet. Dies trotz massiver Bedenken von 17 Mitgliedstaaten, die die Europäische Kommission auffordern, sowohl die Auswirkungen der Richtlinie auf die Verfügbarkeit und Erschwinglichkeit von Arzneimitteln als auch die Auswirkungen der Umsetzung der erweiterten Herstellerverantwortung auf den Humanarzneimittelsektor neu zu bewerten und einheitliche Empfehlungen für die nationale Umsetzung zu geben. Hauptkritikpunkt ist, dass lediglich zwei Branchen, die pharmazeutische und die Kosmetikindustrie, den Hauptteil der Kosten für die Errichtung und den Betrieb einer zusätzlichen vierten Klärstufe tragen sollen.
Die PHARMIG, der Verband der pharmazeutischen Industrie Österreichs, und ihr Generalsekretär Alexander Herzog haben sich bereits mehrfach kritisch zum Inhalt der Richtlinie geäußert: „Während wir die generellen Ziele der kommunalen Abwasserrichtlinie unterstützen, sind wir äußerst besorgt über die negativen Auswirkungen, die sie verursachen wird. Dies betrifft den Zugang der Patientinnen und Patienten zu Arzneimitteln und ebenso die globale Wettbewerbsfähigkeit des Pharmastandorts Europa. Wenn die Kosten für die vierte Klärstufe neben der Kosmetikindustrie hauptsächlich auch die pharmazeutischen Unternehmen tragen müssen, steht damit die Qualität der Arzneimittelversorgung in Gefahr. Denn wenn auf der einen Seite die Unternehmen dauerhaft mit zusätzlichen finanziellen Belastungen konfrontiert werden, während sie auf der anderen Seite kaum oder gar keinen Spielraum bei der Preisgestaltung ihrer Produkte haben, dann wird sich das auf das Arzneimittelangebot auswirken. Es wird sinken, und die Abhängigkeit von immer weniger Anbietern wird steigen. Der Wettbewerbsfähigkeit Europas als Forschungs- und Produktionsstandort für Arzneimittel ist dies am Ende des Tages sicher nicht zuträglich.“ Herzog spricht sich dafür aus, sicherzustellen, dass die Umsetzung der „Erweiterten Herstellerverantwortung“ im Rahmen der UWWTD fair und effizient erfolgt und zur nachhaltigen Bewirtschaftung der kommunalen Abwässer beiträgt, ohne den Zugang zu Arzneimitteln und Kosmetika zu beeinträchtigen.
Mit der Einführung einer vierten Reinigungsstufe in den kommunalen Kläranlagen soll die Umweltbelastung durch Mikroverunreinigungen reduziert werden. Für die Umsetzung dieser Verfahren in einem mehrstufigen Ausbauprozess in allen EU-Mitgliedstaaten sieht die EU-Richtlinie vor, dass die Kosten zu mindestens 80% von den Herstellern von Humanarzneimitteln und Kosmetika getragen werden sollen (Erweiterte Herstellerverantwortung bzw. Extended Producer Responsibility (EPR)). Frühestens 2033 soll diese Liste allenfalls um weitere Produkte ergänzt werden. Dazu sagt Herzog: „Im Sinne der Fairness müssen alle Sektoren, die zu Mikroverunreinigungen im Abwasser beitragen, bei der Umsetzung auf nationaler Ebene berücksichtigt werden. Die in der Richtlinie vorgesehene Ausweitung im Jahr 2033 kommt zu spät, da die pharmazeutische Industrie und die Kosmetikhersteller bis dahin bereits einen Großteil der vierten Reinigungsstufe finanziert haben werden – wohl auf Kosten der Versorgung und der Wettbewerbsfähigkeit Europas.“
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