Pneumokokken rechtzeitig stoppen
Ansteckungsgefahr steigt durch reduzierte Hygienemaßnahmen
ommenden Herbst und Winter könnten die Pneumokokken vermehrt zurückkommen, fürchten Expert*innen. Laut einer aktuellen Umfrage scheint auch die Notwendigkeit, sich gegen Pneumokokken impfen zu lassen, selbst bei den Risikogruppen noch nicht überall angekommen zu sein. Gemeinsam mit der Österreichischen Ärztekammer (ÖAK) und der Österreichischen Apothekerkammer (ÖÄK) sowie einigen Gebietskörperschaften des öffentlichen Rechts hat der Österreichische Verband der Impfstoffhersteller (ÖVIH) daher eine Impfaufklärungskampagne unter dem Motto „Pneumokokken stoppen“ ins Leben gerufen. Wer sich heuer impfen lässt, kann erstmalig sogar auf Impfstoffe mit noch höherer Subtypen-Abdeckung als bisher zurückgreifen.
2021 wurden 404 invasive Pneumokokken-Erkrankungen registriert. Gegenüber dem ersten Pandemiejahr 2020 ist dies bereits wieder ein deutlicher Anstieg. 24 Personen sind 2021 an der Erkrankung gestorben.1 Diesen Winter ist ein weiterer Anstieg an (invasiven) Pneumokokken-Erkrankungen zu erwarten. „Es ist sogar anzunehmen, dass wir wieder jenes Level an Infektionen erreichen werden, das wir vor der Pandemie hatten, eventuell sogar ein höheres“, erklärt Priv.-Doz.in Mag.a Dr.in Maria Paulke-Korinek, PhD, DTM, Leiterin der Abteilung für Impfwesen im Bundesministerium für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz.
Leichter Nährboden für Pneumokokken
Die Gründe dafür liegen praktisch auf der Hand. „Zum einen gibt es wesentlich weniger Hygienemaßnahmen als in den letzten beiden Jahren und zum anderen eine große Anzahl an Personen, die eine COVID-19-Erkrankung durchgemacht hat. Diese kann zu geschädigten Schleimhäuten führen, wodurch die Abwehr geschwächt ist und Pneumokokken einen leichteren Nährboden finden. Die seit kurzem ohne Schutzmaßnahmen wieder geöffneten Schulen tragen ebenfalls zur Ausbreitung der über Tröpfchen und Aerosole übertragbaren Pneumokokken-Bakterien bei“, erläutert Prim. Priv.- Doz. Dr. Arschang Valipour, Leiter der Abteilung für Innere Medizin und Pneumologie an der Klinik Floridsdorf und Leiter des Karl Landsteiner Instituts für Lungenforschung und pneumologische Onkologie. Bereits jetzt beobachte man ein starkes Ansteigen der Atemwegserkrankungen bei Schulkindern. „Aus Erfahrung wissen wir, dass es dann noch vier bis acht Wochen dauert, bis diese Infektionen – darunter sind viele Pneumokokken- Infektionen – auch in den Familien ankommen“, ergänzt er.
Pneumokokken-Impfung nicht ausreichend genützt
Zum Schutz vor Pneumokokken gibt es seit Jahren wirksame Impfstoffe. Der ÖVIH hat nun in einer Umfrage erhoben, wie diese von der Bevölkerung angenommen werden. „79 % der Befragten ist die Pneumokokken-Impfung zum Schutz vor einer bakteriellen Pneumokokken- Infektion ein Begriff. Das ist zwar im Vergleich zu anderen Impfungen ein hoher Wert, liegt jedoch unter der Bekanntheit der FSME-Impfung und der Impfung gegen die saisonale Influenza“, berichtet Mag.a Renée Gallo-Daniel, Präsidentin des ÖVIH, von den Ergebnissen. „Nur 23 % gaben an, dass sie sich irgendwann einmal gegen Pneumokokken haben impfen lassen, 12 % taten dies in den letzten fünf Jahren“, so Gallo-Daniel weiter. Das Bestehen von sogenannten „Vorerkrankungen / Grunderkrankungen“ – obwohl Personen mit chronischen Erkrankungen diese Impfung explizit empfohlen wird – spiele offenbar nach wie vor eine geringe Rolle hinsichtlich der Impfentscheidung. Ähnliches berichtet auch Paulke Korinek: „Zwar wird die Pneumokokken-Impfung im Rahmen des kostenfreien Kinderimpfprogramms recht gut angenommen, das gilt aber nicht in diesem Ausmaß für Erwachsene. Insbesondere Gruppen mit erhöhtem Risiko wie Raucher oder Personen mit erhöhtem Blutdruck scheinen sich des Risikos nach wie vor nicht ausreichend bewusst zu sein.“ Neben Personen mit hohem oder erhöhtem Risiko wird die Impfung laut Österreichischem Impfplan auch allen Menschen ab 60 Jahren empfohlen.
Hoher Schutz durch Impfung
Lungenspezialist Valipour bringt die Problematik auf den Punkt: Jede Abwehrschwäche, egal ob durch vorhergehende Infektionen, chronische Erkrankungen oder Stress ausgelöst, bietet den Pneumokokken eine Chance. Die Impfung trägt dazu bei, das Immunsystem wieder anzuregen und einen spezifischen Schutz aufzubauen.“ Das Risiko einer Pneumokokken- Erkrankung beziehungsweise deren Komplikationen könne durch die Impfung um bis zu 90 % verringert werden.2
Wer geimpft sei, schütze außerdem nicht nur sich selbst, sondern entlaste auch die ohnehin durch COVID-19 schon sehr strapazierten Spitäler. Wer sich unsicher sei, ob er oder sie eine Impfung benötig, sollte sich am besten mit dem* der Hausärzt*in beraten, so Valipour weiter.
Neue Impfstoffe und neue Aufklärungskampagne
Seit diesem Jahr gibt es auch neue Konjugat-Impfstoffe, die noch mehr Serotypen als bisher abdecken. „Wichtig ist aber vor allem“, stellt Paulke-Korinek klar, „dass sich die Menschen überhaupt impfen lassen!“ Praktisches Detail: Die Impfungen gegen Pneumokokken können auch gleichzeitig mit jenen gegen Influenza oder COVID-19 durchgeführt werden.
Der ÖVIH nimmt die kommende kalte Jahreszeit und die neuen Umfragedaten zum Anlass, verstärkt über Pneumokokken-Erkrankungen und die Schutzmöglichkeit durch die Pneumokokken-Impfung aufzuklären. „Erstmals wird es vom ÖVIH gemeinsam mit der Österreichischen Ärztekammer (ÖAK) und der Österreichischen Apothekerkammer (ÖÄK) sowie einigen Gebietskörperschaften des öffentlichen Rechts eine Impfaufklärungskampagne geben“, berichtet ÖVIH-Präsidentin Gallo-Daniel. Aktuell läuft diese Informationskampagne unter dem Motto „Pneumokokken stoppen“ (https://pneumokokken-stoppen.at/).
Rückfragehinweis
Für den Österreichischen Verband der Impfstoffhersteller
FINE FACTS Health Communication GmbH
Mag.a Uta Müller-Carstanjen
E: mueller-carstanjen@finefacts.at
M: +436645153040