PRC2: Neue Entstehungsgeschichte eines wichtigen Gens entdeckt
PRC2 unterdrückte springende Gene in Vorfahren der Eukaryonten │ Studie in Current Biology erschienen
PRC2 wurde vor Jahrzehnten entdeckt, und zwar als Proteinkomplex der Gene zum Schweigen bringt. Neue Erkenntnisse von Frederic Berger und seiner Gruppe am Gregor Mendel Institut zeigen jedoch, dass PRC2 in einer Reihe von Eukaryonten Transposons, also springende Gene, unterdrückt. Erst im Laufe der Evolution entwickelte sich PRC2 dazu, dass es Gene zum Schweigen bringt. Die Studie erscheint am 21. September in der Zeitschrift Current Biology.
Der Polycomb-Komplex 2 (PRC2) wurde vor Jahrzehnten in Drosophila entdeckt, wo er Gene, die für die Entwicklung wichtig sind, reguliert. Weitere Analysen zeigten, dass PRC2 das Chromatin modifiziert und die Expression von Genen unterdrückt. Die ursprüngliche Funktion von PRC2 - nämlich die Kontrolle von Genen während der Entwicklung - wurde jedoch in Frage gestellt, als ForscherInnen entdeckten, dass PRC2 auch bei einzelligen Arten eine Rolle spielt, denn bei Einzellern findet keine Entwicklung statt. Einen ersten Hinweis auf die ursprüngliche Rolle von PRC2 lieferten Studien an Rotalgen. Diese stellten fest, dass PRC2 seine Methylierungsspuren auf Transposons hinterlässt - springenden Genen, die sich im Genom bewegen. Frederic Berger und seine Forschungsgruppe am Gregor Mendel Institut für Molekulare Pflanzenbiologie (GMI) der Österreichischen Akademie der Wissenschaften folgten diesem Hinweis und untersuchten in einer internationalen Zusammenarbeit mit ForscherInnen der Freien Universität Berlin, der Universität Cambridge, der Universität Nantes, des National Institute of Genetics (Japan) und der Monash University, wie PRC2 in einer Reihe von Eukaryonten wirkt.
Um die Rolle von PRC2 bei den Vorfahren der Eukaryonten zu verstehen, untersuchten die ForscherInnen die Genome von drei entfernten Abstammungslinien von Eukaryonten: Pflanzen, SAR und Ophistokonten, die Linie, zu der Menschen und Pilze gehören. Alle diese Eukaryonten enthalten Transposons, mobile genetische Elemente, die sich aus der DNA herauslösen und an neuen Stellen einfügen können - eine potenzielle Bedrohung für die Stabilität des Genoms, weshalb Transposons zum Schweigen gebracht werden müssen. In mutierten Diatomeen, Bryophyten und Rotalgen führte das Ausschalten der PRC2-Aktivität dazu, dass die Unterdrückung der Transposons verloren ging.
„Diese Ergebnisse zeigen, dass PRC2 Transposons in diesen fernen Abstammungslinien unterdrückt. Das definiert diese Funktion als eine, die in den Vorfahren aller drei Abstammungslinien entstanden ist. Der Ursprung von PRC2 lag wahrscheinlich in erster Linie im Schutz des Genoms vor einer Invasion durch Transposons. Diese ursprüngliche Funktion ist ein tiefgreifender Paradigmenwechsel“, sagt Frederic Berger, Gruppenleiter am GMI und korrespondierender Autor der Studie.
Im Laufe der Evolution verlagerte sich die Funktion von PRC2 allmählich von der Unterdrückung von Transposons zur Unterdrückung von proteinkodierenden Genen, der ursprünglich beschriebenen Rolle von PRC2. In Landpflanzen finden die Forscher „fossile Transposone“, die immer noch Ziele für PRC2 sind, das dann Gene in der Nachbarschaft zum Schweigen bringt. „In blühenden Pflanzen, wie Arabidopsis, die sich erst in jüngerer Zeit entwickelt haben, sind Reste von Transposons noch vorhanden und diese rekrutieren PRC2, um Gene in ihrer Nähe zum Schweigen zu bringen“, erklärt Tetsuya Hisanaga, Postdoktorand in der Gruppe von Berger und Erstautor der Studie. „Wir vertreten die Hypothese, dass einige TEs in Arabidopsis domestiziert wurden und zu Elementen wurden, die an der Modulation von proteinkodierenden Genen beteiligt sind.“
Originalveröffentlichung:
Tetsuya Hisanaga, Facundo Romani, Shuangyang Wu, Teresa Kowar, Yue Wu, Ruth Lintermann, Arie Fridrich, Chung Hyun Cho, Timothée Chaumier, Bhagyshree Jamge, Sean A. Montgomery, Elin Axelsson, Svetlana Akimcheva, Tom Dierschke, John L. Bowman, Takayuki Fujiwara, Shunsuke Hirooka, Shin-ya Miyagishima, Liam Dolan, Leila Tirichine, Daniel Schubert and Frédéric Berger (2023). The Polycomb Repressive Complex 2 deposits H3K27me3 and represses transposable elements in a broad range of eukaryotes. Current Biology. DOI: 10.1016/j.cub.2023.08.073
Rückfragen & Kontakt:
GMI – Gregor Mendel Institut für Molekulare Pflanzenbiologie | www.oeaw.ac.at/gmi
Sylvia Weinzettl
sylvia.weinzettl@gmi.oeaw.ac.at
+43-1-79044-4403