Wie Höhenluft gegen Asthma helfen kann Niedrige Sauerstoffwerte können Symptome der Atemwegserkrankung lindern
An sich harmlose Umweltstoffe wie Tierhaare, Hausstaub oder Pollen, die regelmäßig über die Luft in unsere Atemwege gelangen, können für Asthmatiker*innen zum Verhängnis werden. Ihr Immunsystem nimmt diese Allergene als gefährlich wahr und ein Asthmaanfall ist die Folge. Etwa eine von 14 Personen in der österreichischen Bevölkerung ist von Asthma betroffen, darunter auch viele Kinder. Oft wird diese chronische Entzündungskrankheit mit inhalativen Corticosteroiden erfolgreich behandelt, zum Teil aber auch mit Nebenwirkungen, weshalb unsere Forscher*innen alternative Behandlungsmöglichkeiten suchen. Eine Forschungskooperation zwischen dem Ludwig Boltzmann Institut für Lungengefäßforschung und der Med Uni Graz beschäftigt sich mit der sogenannten „Höhenkur“ und analysiert die zugrundeliegenden Mechanismen dieser erfolgreichen Therapie.
Höhenklimatherapie als Alternative zu pharmakologischen Behandlungen
Asthma ist eine komplexe chronische Entzündungskrankheit, von der zahlreiche Österreicher*innen betroffen sind. Kurzatmigkeit, ein Engegefühl in der Brust, Husten und Atemnot sind Symptome, die durch eine allergische Reaktion der Atemwege hervorgerufen werden. Die Entwicklung und der Schweregrad von allergischem Asthma stehen in engem Zusammenhang mit Innenraumallergenen wie Hausstaubmilben oder Sporen von Schimmelpilzen. Als zweite, nicht-allergische Form kann Asthma aber beispielsweise auch durch Anstrengung oder Stress hervorgerufen werden. Obwohl inhalative Medikamente auf Cortikoide-Basis wie z.B. Cortison und andere spezifische entzündungshemmende Behandlungen bei Asthma hoch wirksam sind, kann es zu Nebenwirkungen kommen, welche die Lebensqualität beeinträchtigen können. Zudem bringen diese Behandlungskonzepte nicht bei allen Patient*innen den gewünschten Erfolg.
Höhenklimatherapie (HACT) wurde eingesetzt, bevor pharmakologische Behandlungen zur Verfügung standen und wird seitdem immer noch zur Ergänzung dieser Maßnahmen verwendet. „In der Literatur finden sich zahlreiche Fallberichte, die eine Besserung des allergischen Asthmas durch die HACT beschreiben. Zudem konnte beobachtet werden, dass es bei Asthmapatient*innen aus hoch gelegenen Regionen zu einer Verschlimmerung ihrer Krankheit kommt, wenn sie sich in niedrigeren Höhenlagen aufhalten. Bemerkenswert ist, dass die positive Wirkung von HACT auch noch Monate nach der Rückkehr aus der Höhe nachweisbar ist. Deswegen müssen wir uns diese erfolgreiche Therapie im Detail ansehen“, beschreibt Leigh Marsh seinen Forschungsschwerpunkt. Zur Erklärung dieser positiven Wirkungen wurden zwar mehrere mögliche Faktoren erkannt, darunter eine geringere Allergenbelastung, eine erhöhte Exposition gegenüber UV-Licht, psychosomatische Faktoren und Hypoxie (Sauerstoffmangel), die zugrundeliegenden molekularen Mechanismen sind jedoch noch nicht ausreichend erforscht.
Niedrige Sauerstoffwerte helfen bei der chronischen Atemwegserkrankung
Dem Team rund um Leigh Marsh vom LBI für Lungengefäßforschung und dem Lehrstuhl für Physiologie gemeinsam mit dem Lehrstuhl für Pharmakologie des Otto Leowi Forschungszentrums und der Klinischen Abteilung für Pulmonologie der Med Uni Graz ist es nun gelungen, wichtige zelluläre Mechanismen der Höhenkur nachzuweisen und zur Aufklärung ihrer klinischen Wirksamkeit beizutragen. Während der Höhenkur scheint die allergische Entzündung unterbrochen zu werden, indem eine bestimmte immunologische Kettenreaktion ausbleibt. Für eine allergische Immunreaktion müssen sogenannte Antigen-präsentierende Zellen das Allergen erkennen und den T-Zellen präsentieren. Diese T-Zellen stimulieren wiederum B-Zellen, die letztendlich spezifische Antikörper produzieren und freisetzen – die allergische Reaktion beziehungsweise der Asthmaanfall kann stattfinden. „Reduzierte Sauerstoffkonzentration hemmt diese Effekte. Die Hypoxie ist somit ein wichtiger Faktor, der die Effekte des Höhenaufenthalts erklärt“, beschreibt der Forscher die Beobachtungen. Tatsächlich wird die Immun-Kettenreaktion von Beginn an gehemmt, beginnend bei den Antigen-präsentierenden Zellen, die eine bestimmte Sauerstoffkonzentration benötigen, um voll aktiv zu werden. Außerdem wird Sauerstoff grundsätzlich für die Kommunikation zwischen den verschiedenen Immunzellen benötigt.
Hoch hinaus: Hoch-alpine Bedingungen im Fokus
Die im Labor simulierten Sauerstoffbedingungen entsprechen einer Höhe von etwa 5000 Metern und stellen eine schwere Hypoxie dar. Patient*innen in HACT-Kliniken erfahren bereits ab 2000 Metern Seehöhe eine Linderung ihrer Symptome. „Unsere Untersuchungen dienen als Grundsatzstudie und identifizieren mehrere grundlegende hypoxiebedingte molekulare Signalwege, die bei HACT eine Rolle spielen könnten. Weitere Arbeiten sind erforderlich, um die Mindesthöhe und Dauer der Höhenexposition für eine effektive Therapie von Asthma zu bestimmen. Wir schlagen unser experimentelles Modell für weitere Untersuchungen vor, insbesondere weitere Forschungen der Hypoxie-vermittelten Wirkungen auf die Immunzellen und ihr Zusammenspiel wären vielversprechend, um durch kleine interferierende Moleküle oder biologische Wirkstoffe dauerhaft Einfluss auf allergisches Asthma nehmen zu können“, blickt Leigh Marsh in die Zukunft. Die neuen Erkenntnisse könnten zur Entwicklung neuer Therapien beitragen und wurden kürzlich im Journal „Allergy“ veröffentlicht. „In der Zwischenzeit können nicht nur Asthmatiker*innen, sondern wir alle gesundheitlich profitieren und regelmäßig die frische Bergluft genießen“, so die Empfehlung des Forschers.
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