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Im Takt: Neue Therapie bei Herzinsuffizienz im Forschungsvisier

09.01.2020

Vielversprechende Forschungsergebnisse in Top Journal vorgestellt

Weltweit zählt die Herzinsuffizienz zu einem der größten Probleme für das Gesundheitssystem und verursacht diesem hohe Kosten. Allein in Österreich sind Statistiken zufolge rund 300.000 Menschen betroffen. Wissenschafter an der Medizinischen Universität Graz arbeiten an neuen Therapiekonzepten, um die Herzfunktion bei Herzinsuffizienz zu verbessern. Die Forschungsergebnisse wurden aktuell in „Science Translational Medicine“ veröffentlicht.

Herzinsuffizienz: Versteifung der Herzkammern als Krankheitsursache

Wenn eine ausreichende Sauerstoffversorgung des Körpers über das Blut nicht mehr gewährleistet ist, spricht man von einer Herzinsuffizienz. Bei etwa der Hälfte der Patientinnen und Patienten kann die Herzinsuffizienz auf eine verminderte Pumpleistung des Herzens zurückgeführt werden. Die andere Hälfte der Betroffenen leidet an einer vermehrten Steifigkeit der Herzkammern. „Diese Versteifung der Herzkammern wird in der Medizin als „Heart Failure with preserved Ejection Fraction – kurz HFpEF – bezeichnet und ist mit einer schlechten Prognose und Lebensqualität verbunden“, klärt Markus Wallner von der klinischen Abteilung für Kardiologie der Medizinischen Universität Graz auf. Trotz intensiver Forschungsanstrengungen gibt es derzeit keine prognoseverbessernde Therapie für Patientinnen und Patienten mit HFpEF. Diese Versorgungslücke hat sich der junge Wissenschafter gemeinsam mit internationalen Kolleginnen und Kollegen zum Fokus für seine wissenschaftliche Arbeit genommen.

Internationale Forschung: HDAC Inhibitoren als Therapieoption

Im Rahmen eines Forschungsaufenthaltes an der Temple University in Philadelphia entwickelte Markus Wallner gemeinsam mit Kolleginnen und Kollegen ein präklinisches Modell, welches viele wichtige kardiopulmonale Veränderungen wie bei HFpEF aufweist und laut den ESC Heart Failure Guidelines – ESC steht für European Society of Cardiology - alle Kriterien erfüllt, um eine HFpEF Diagnose stellen zu können. „Im nächsten Schritt untersuchten wir die kardiopulmonalen und metabolischen Effekte von SAHA, einem Histone Deazetylase (HDAC) Inhibitor in diesem Modell“, beschreibt Markus Wallner. HDAC Inhibitoren sind aktuell zur Behandlung verschiedener Tumoren, nicht jedoch zur Behandlung von Herzinsuffizienz, zugelassen. Im Körper bewirken HDAC Inhibitoren eine chemische Anlagerung von Acetylgruppen, wodurch sie eine wichtige Rolle bei der Genexpression spielen. Durch diese Wirkstoffe wird eine Modifikation und Regulation von Zellfunktionen erreicht. Die Forschungsergebnisse wurden aktuell sehr prominent im international renommierten Journal „Science Translational Medicine“ publiziert und entstanden durch eine internationale Forschungskooperation der Medizinischen Universität Graz mit CBmed, der Temple University, Philadelphia und der University of Colorado.

Unter Druck: Ganzheitliche Verbesserung im Labormodell

Betrachtet man die Forschungsergebnisse im Detail, so konnte Markus Wallner mit seinen Forschungspartnern folgende Ergebnisse entdecken: Bei einer bereits ausgeprägten linksventrikulären Hypertrophie – einer krankhaften Vergrößerung des Herzmuskels der linken Herzkammer – führte die HDAC Inhibition im HFpEF Modell zu einer deutlichen Abnahme der Herzmuskelmasse. Ebenso führte die Behandlung zu einer verbesserten Kontraktionsfähigkeit des Herzens und zu einer Abnahme des linksventrikulären Füllungsdruckes, der bei Herzinsuffizienz krankhaft erhöht ist. „Der Füllungsdruck beschreibt den Druck, der am Ende der Entspannungsphase des Herzens den Ventrikel vorherrscht“, erklärt Markus Wallner. Die verbesserte Relaxation des Herzens im Labormodell konnte unter anderem auf eine Verbesserung in der myofibrillären Relaxation zurückgeführt werden, also einer Verbesserung der Entspannungsfähigkeit in den Hermuskelfasern.

„Durch die ganzheitliche Verbesserung der kardialen Funktion konnte in weiterer Folge auch eine Reduktion der pulmonalen Druckverhältnisse und dadurch eine Verbesserung der Lungenfunktion erreicht werden“, ergänzt Markus Wallner ein weiteres wichtiges Forschungsergebnis. Abschließend konnten die WissenschafterInnen auch positive Effekte in der Skelettmuskulatur und dem Mitochondrium nachweisen.

Vision: HDAC Inhibition als effektive Therapiestrategie

Einige dieser vielversprechenden Effekte von HDAC Inhibitoren könnten sich auch positiv bei Patientinnen und Patienten mit HFpEF auswirken. „Neue Therapiekonzepte für HFpEF sind dringend erforderlich, da die Prognose und Lebensqualität von Patientinnen und Patienten mit HFpEF schlecht sind und bis dato noch keine effektiven Therapieoptionen verfügbar sind“, fasst Markus Wallner zusammen. Die nun vorliegenden Forschungsergebnisse leisten einen wichtigen Beitrag, um zukünftig die Effekte von HDAC Inhibitoren bei Herzinsuffizienz im Rahmen klinischer Studien untersuchen zu können.

Weitere Informationen und Kontakt

PD Dr.med.univ. Dr.scient.med. Markus Wallner
Klinische Abteilung für Kardiologie
Univ.-Klinik für Innere Medizin
Medizinische Universität Graz
Tel.: +43 316 385 31261
markus.wallner@medunigraz.at
https://stm.sciencemag.org/content/12/525/eaay7205