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Kinderkrebs: Schwachstellen in der Immunantwort gegen Metastasen entdeckt

26.06.2023

Wissenschafter:innen unter der Leitung von Dr. Sabine Taschner-Mandl, St. Anna Kinderkrebsforschung, und Dr. Nikolaus Fortelny, Paris Lodron Universität Salzburg, analysieren erstmals Knochenmarksmetastasen von kindlichen Tumoren des Nervensystems mithilfe moderner Einzelzellanalytik. Dabei zeigt sich, dass Krebszellen bestimmte Zellen in ihrer Umgebung an der Tumorbekämpfung hindern – ein Vorgang der durch Medikamente rückgängig gemacht werden könnte. Die Ergebnisse wurden im renommierten Fachjournal Nature Communications veröffentlicht.

Das Neuroblastom ist der häufigste solide Tumor bei Säuglingen und Kleinkindern. Trotz sich ständig verbessernder Therapiemöglichkeiten kommt es immer noch bei mehr als der Hälfte der Patient:innen zu Rückfällen mit sehr aggressiver Form (Hochrisiko-Neuroblastom). „Der Grund, warum wir uns ausgerechnet Knochenmarksmetastasen angesehen haben, ist, dass Rezidive dort oft ihren Ursprung nehmen. Die Tumorzellen scheinen ihre Umgebung zu manipulieren, sodass diese sie im Wachstum unterstützen, anstatt sie zu bekämpfen“, erklärt Dr. Sabine Taschner-Mandl, Leiterin der Gruppe Tumorbiologie der St. Anna Kinderkrebsforschung.

Wie Krebszellen ihre Nachbarzellen manipulieren

Die nun publizierte Studie untersuchte deshalb die Zellarchitektur und Zell-Zell-Kommunikation von Neuroblastom-Metastasen von zwei wesentlichen genetischen Subtypen (MYCN-Amplifikation bzw. ATRX-Mutationen) und solchen ohne derartige Veränderungen mittels Einzelzell-Transkriptomik und -Epigenomik. „Bisher wurden lediglich Primärtumore auf so detaillierte Weise erforscht. Die gleichzeitige Verwendung dieser Methoden ist bisher bei Neuroblastom-Metastasen nicht erfolgt“, sagt Dr. Irfete Fetahu, Ko-Erstautorin sowie Ko-Corresponding Author der Studie und Postdoktorandin der Tumorbiologiegruppe.

Das Team untersuchte u.a. die Interaktion der metastasierten Tumorzellen mit den gesunden Knochenmarkszellen näher. „Eigens entwickelte Algorithmen ermöglichten es uns verschiedene Zellen im Knochenmark zu analysieren und auch deren Wechselwirkungen zu modellieren“, betont Fortelny, Leiter der Computational Systems Biology Group, Paris Lodron Universität Salzburg. „Hier hat unsere Analyse ergeben, dass bestimmte Zellen, sogenannte Monozyten, auf die unerwünschten Eindringlinge besonders stark reagieren. Im Zuge dessen regen sie Wachstumsprozesse an und setzen Zytokine frei, die das Tumorwachstum ankurbeln“, führt Fetahu aus. Untersuchungen auf epigenetischer Ebene zeigten interessanterweise, dass Monozyten in der Mikroumgebung des Tumors zwar aktiviert werden, um gegen die Krebszellen vorzugehen, sie können unter dem Einfluss der Tumorbotenstoffe jedoch nicht angemessen auf diese Signale reagieren. „Die Monozyten empfangen widersprüchliche Botschaften und wissen sozusagen nicht mehr, was sie eigentlich genau tun sollen. Dadurch können sie ihre normale Funktion der Tumorbekämpfung nicht mehr wahrnehmen“, erklärt Fetahu.

Manipulation mit Medikamenten aufheben

Ein Großteil der Kommunikation zwischen Neuroblastomzellen und Knochenmark bzw. Monozyten läuft über die Proteine MK (Midkine) und MIF (Macrophage Migration Inhibitory Factor) sowie damit assoziierte Moleküle. Signalwege, die über diese Proteine gesteuert werden, sind nicht nur auf Tumorseite, sondern ebenso auf Seite der Immunzellen hochreguliert. „Therapeutika, die sich gegen MK und MIF richten, unterbrechen diese pathologische Wechselbeziehung und befinden sich bei anderen Krebsarten bereits in Erprobung. Durch die selektive Hemmung könnte es in Zukunft gelingen die krankhaft veränderten Monozyten wieder in ihren ursprünglichen Normalzustand zurückzuversetzen“, so Taschner-Mandl.

Die gesamte Pressemeldung finden Sie hier: https://tinyurl.com/2p8tfapr

Rückfragen & Kontakt:

Mag. Anna Egger
Science Communication Manager
St. Anna Kinderkrebsforschung /
St. Anna Children’s Cancer Research Institute - CCRI
1090 Wien, Zimmermannplatz 10
P: +43 1 40470 - 4067
E: anna.egger@ccri.at