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Neuroblastom: Flüssigbiopsien sollen Rückfall bei Kinderkrebs frühzeitig erkennen

26.01.2024

Neues EU Horizon Projekt "MONALISA" unter der wissenschaftlichen Leitung der St. Anna Kinderkrebsforschung und dem Princess Máxima Center

Neuroblastome betreffen Kinder im Vorschulalter – im EU-Raum sind es 1500 Fälle jährlich. Wissenschafter:innen aus führenden europäischen Forschungseinrichtungen der pädiatrischen Onkologie testen nun Flüssigbiopsien als Diagnoseinstrument für Rezidive. Das fünfjährige EU-Horizon-Projekt wird koordiniert von der Europäischen Gesellschaft für Pädiatrische Onkologie und wissenschaftlich geleitet von der St. Anna Kinderkrebsforschung und dem Princess Máxima Center.

Flüssigbiopsien sind ein Versprechen für die Zukunft der personalisierten Krebsmedizin: Bei vielen Kindern mit Hochrisiko-Neuroblastom, das sind 50 Prozent aller Neuroblastom-Fälle, besteht das Risiko, dass sie auf die Therapie nicht ansprechen und ein Rezidiv entwickeln. Bisher wird der Therapieerfolg mit bildgebenden Verfahren und Knochenmarkuntersuchungen kontrolliert. Diese Untersuchungen sind teuer, invasiv und für die Kinder, die eine Narkose benötigen, belastend. Bei Flüssigbiopsien handelt es sich um kleine Blutproben, so dass das Verfahren minimalinvasiv und vergleichsweise einfach ist, und im Labor festgestellt werden kann, ob die Kinder auf die Therapie angesprochen haben. Auch ein drohendes Rezidiv kann frühzeitig erkannt werden. Untersucht werden genetische Tumormarker im Blutplasma, kleine DNA-Stücke und Boten-RNA (mRNA), die von Tumorzellen freigesetzt werden und Auskunft über die genetischen Veränderungen im Tumor geben. Diese können im Falle eines Rückfalls helfen, gezielte Therapien für Kinder mit Neuroblastom zu finden. So spielt zum Beispiel das Enzym anaplastische Lymphomkinase (ALK) eine entscheidende Rolle bei der Krebsentstehung. Weist der Tumor eines Kindes einen Fehler im ALK-Gen auf, könnte er mit ALK-hemmenden Medikamenten bekämpft werden.

Erstmals Flüssigbiopsien im klinischen Umfeld

Insgesamt 24 führende europäische Forschungseinrichtungen im Bereich der pädiatrischen Onkologie haben sich jetzt für ein EU-Projekt zusammengefunden. Ziel ist es, den Nutzen dieser neuen Diagnosemethode zu untersuchen. Dazu werden 150 Patient:innen mit Hochrisiko-Neuroblastom mehrmals kleine Blutproben entnommen und in Laboren wie der Labdia Labordiagnostik GmbH und dem Princess Máxima Center untersucht. Die Europäische Gesellschaft für Pädiatrische Onkologie (SIOP Europe oder SIOPE) koordiniert das Forschungsprojekt, das mit insgesamt acht Millionen Euro gefördert wird. Ziel des Projekts mit dem Titel A SIOPEN study to MOnitor NeuroblastomA relapse with LIquid biopsy Sensitive Analysis - kurz: MONALISA - ist es, eine klinische Studie zu entwickeln, die schnell in die klinische Praxis umgesetzt werden kann. "Und das ist schon die erste Besonderheit", sagt Dr. Sabine Taschner-Mandl, Principal Investigator an der St. Anna Kinderkrebsforschung, die die Flüssigbiopsie-Diagnostik in MONALISA mit leitet. "Wir setzen Flüssigbiopsien bei Kindern mit Neuroblastom zum ersten Mal klinisch ein, bisher haben wir sie nur in der Forschung getestet", sagt die Tumorbiologin.

Dr. Lieve Tytgat, auf Neuroblastome spezialisierte Kinderonkologin am Prinzessin-Máxima-Zentrum für pädiatrische Onkologie und wissenschaftliche Co-Leiterin des MONALISA-Projekts, sagt: "Diese Forschung ist ein echter Durchbruch in der Welt der nicht-invasiven Diagnostik. Flüssigbiopsien werden bei Erwachsenen mit Krebs immer häufiger eingesetzt. Mit dieser Studie wollen wir mit der Forschung bei Erwachsenen gleichziehen; eine wichtige Entwicklung für krebskranke Kinder.“

Die Überwachung des Ansprechens auf die Therapie und des Krankheitsverlaufs ist von großer Bedeutung für die Verbesserung der Überlebenschancen von Patienten mit Hochrisiko-Neuroblastom. MONALISA soll bestehende Lücken in der Diagnostik schließen und Flüssigbiopsien als Standardverfahren zur Überwachung des rezidivierenden Neuroblastoms etablieren. Die Methode könnte auch als Blaupause für andere pädiatrische Krebsarten dienen.

Dr. Marie Bernkopf, Wissenschafterin an der St. Anna Kinderkrebsforschung und Leiterin der Labdia-Labordiagnostikabteilung, in der die Analysen durchgeführt werden, betont, dass der technologische Fortschritt hier eine deutliche Verbesserung für Kinder und Eltern bringen wird. In einigen Ländern werden beispielsweise mobile Krankenschwestern zu Hause Blutproben für die Kontrolluntersuchungen entnehmen, sodass der beschwerliche Weg in die Klinik entfällt.

MONALISA will auch analysieren, wie Patient:innen und Eltern den Einsatz von Flüssigbiopsien erleben, um das Verfahren in Zukunft anpassen zu können. Mit dem Projekt kommen die Wissenschafter:innen einer wirksamen personalisierten Medizin bei Kindern mit Neuroblastom einen Schritt näher und geben Hoffnung auf bessere Heilungschancen.

Rückfragen & Kontakt:

Peter Illetschko (Science Communication Manager)
St. Anna Children’s Cancer Research Institute - CCRI
M: +43 664 5477295 E: peter.illetschko@ccri.at